Aktuell – 22.09.2023

«Abbild der digitalen Popularität»

Christoph Glauser, Spezialist für digitale Wirkungs- und Marktanalysen und Argumentenforscher, über die Sichtbarkeit im digitalen Raum.

Lässt sich der Einfluss eines Menschen oder einer Marke in der digitalen Welt messen?

Christoph Glauser: Die Frage ist, was man mit «Einfluss» meint. Wir messen die durchschnittlichen Suchnachfragen auf allen digitalen Schweizer Kanälen. Dazu gehören Suchmaschinen, Social Media, LinkedIn und andere Plattformen. Dieses Resultat ist nicht beeinflussbar, weil es über sämtliche Plattformen hinweg gemessen und quer validiert wird. Wenn zum Beispiel ein Roboter eine Million Mal auf Google nach etwas suchen würde, dann löst das auf den Kanälen der sozialen Medienkanälen keine Nachfrage aus. Die Nachfrage ist dann nicht valide.

Was sagt eine solche Zahl aus?

Es ist ein direktes aktuelles Abbild der digitalen Popularität. Das ist sicher abhängig davon, was gerade in den Medien läuft, es ist aber auch ein Massstab für die Resonanz der Namen.

Wie macht ArgYou das genau?

Wir messen das mit Softwaretools: Wir parametrisieren die Kanäle und messen nach Zugang, Technologie, Sprache, Domain und zahlreichen anderen Faktoren. Wichtig ist: Wir messen nicht nur Suchmaschinen, sondern alle relevanten Kanäle. Wir führen solche Messungen als Alternative zu Marktforschungen durch, weil es immer schwieriger wird, die Menschen für die Teilnahme an Umfragen zu gewinnen. In der Industrie messen wir auf diese Weise direkt die digitale Nachfrage: Was sind relevante Produkte und Themen? Wie erreiche ich als Anbieter die Nutzer digital? Es reden alle immer von nutzerzentrierten Angeboten, aber niemand misst sie. Ein Beispiel von uns selbst: «Digitale Marktanalyse» wird weniger gesucht als beispielsweise «Mafo». Wenn wir auf unserer Website nicht von «Mafo» reden, dann finden uns die Menschen nicht.

Was ist der Unterschied zu SEO?

Bei der Suchmaschinenoptimierung arbeitet man auf eine Position hin bei Google, Search.ch oder Local.ch. Wir machen nicht Suchmaschinenoptimierung, sondern quasi Nutzeroptimierung. Wenn ich bei Google zuoberst bin, meine Nutzer sich aber gerade alle auf Instagram tummeln, nutzt mir SEO nichts. Unser Fokus ist deshalb die Position bei den Nutzern und nicht die Position auf irgendeiner Online-Plattform. Wir arbeiten vor allem für E-Shops, Kommunikationsagenturen, politische Organisationen hinsichtlich gesellschaftlicher Relevanz und für die europäische und schweizerische Wissenschaft. Da geht es vor allem um die Horizon-Europe-Projekte, im Speziellen um neue Technologien und Innovationen. Die Frage ist da, wie man diese Forschungsresultate wirkungsvoll in die Gesellschaft zurückspeisen kann.

Was sagt das Resultat unserer ersten Messung aus für unsere Chefredaktorinnen und Chefredaktoren?

Es ist ein Spiegelbild für ihre Relevanz im Schweizer Internet, ihre digitale Nachfrage. Für Meinungsmacher, die Einfluss in der Öffentlichkeit suchen, ist das sozusagen deren «Marktwert» (lacht).

Im Auftrag von «Edito» misst ArgYou den digitalen Fussabdruck der Schweizer Chefredaktorinnen und Chefredaktoren: Wie häufig werden sie namentlich in der digitalen Schweiz gesucht?

Christoph Glauser hat in Bern und Genf Geschichte, Politik und Medienwissenschaften und Jura studiert. Er war Lehrbeauftragter für Online-Forschung an zahlreichen Universitäten in der Schweiz und im Ausland, darunter an der Universität Zürich und der ETH Zürich. Seit 1994 betreibt er in Bern das Institut für Angewandte Argumentenforschung (IFAA) und erforscht für seine Auftraggeber wichtige Argumente und gefragte Inhalte für die digitale Zukunft von Politik, Medien, Wirtschaft und Wissenschaft. 2001 gründete er ArgYou.com (Arguments for You), um Inhalte und deren Wirkung auf den Webseiten im Internet zu untersuchen und diese mit den nachgefragten Inhalten direkt zu vergleichen. www.argyou.com

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