Aktuell – 06.03.2024

Basler Medientag: Grossaufmarsch mit wenig Phantasie

Nur die Verleger hatten gefehlt. Sonst waren alle gekommen: Chefredaktoren, Medienschaffende, Kommunikationsfachleute, Stiftungsvertreter, Politiker. Gemeinsam wollten sie neue Wege für die Finanzierung von Lokaljournalismus suchen. Das ist nicht gelungen. Die Chefredaktoren der grossen Basler Medien haben vor allem ihren eigenen Journalismus gelobt. Doch die Medien haben ein Problem mit der Finanzierung, nicht mit dem Journalismus.

VON MATTHIAS ZEHNDER

Medienschaffende aus allen Basler Medien inklusive aller Chefredaktorinnen und Chefredaktoren haben sich am Dienstagnachmittag in der Kaserne zum ersten Basler Medien Tag eingefunden. Die Christoph Merian Stiftung, die Stiftung für Medienvielfalt und der Verein Medienzukunft Basel hatten dazu eingeladen, gemeinsam über die Zukunft des Lokaljournalismus nachzudenken: Nach dem Nein der Schweizer Stimmbevölkerung zum Mediengesetz im Februar 2022 gilt es, neue Lösungsansätze zu finden, wie sich Journalismus in Zukunft lokal finanzieren lässt.

Schon in seinem Grusswort machte der Basler Regierungsrat Kaspar Sutter aber deutlich, dass sich die Medien vom Kanton Basel-Stadt keine Unterstützung erhoffen können. Er sehe keine Möglichkeit, wie der Staat die Medien fördern könnte, ohne sich dabei angreifbar zu machen. Im Gespräch doppelte er nach und erklärte, der Strukturwandel sei nun mal im Gang, er lasse sich nicht aufhalten.

Wie gross die Herausforderung für den Lokaljournalismus in der Schweiz ist, zeigte Stephanie Grubenmann auf: Gemeinsam mit Konrad Weber hat sie im Auftrag der Mercator-Stiftung eine explorative Analyse zur Lage des Schweizer Lokaljournalismus durchgeführt. Die Studie unterstreicht, dass es ohne einen Ausbau der Medienförderung nicht möglich sein wird, den für die Schweiz so wichtigen kleinräumigen Journalismus aufrecht zu erhalten.

Dieses Bild wollte Moderator Dieter Kohler sich von den anwesenden Chefredaktoren bestätigen lassen. Auf die Frage, wie es ihnen gehe, antworteten die Chefs durchs Band, es gehe super. Marcel Rohr («Basler Zeitung»), Patrick Marcolli («bzBasel») und Philippe Chapuis («Telebasel») betonten, dass sie guten Journalismus machen würden, halt einfach mit den zur Verfügung stehenden Mitteln. Patrick Marcolli erklärte gar, guter Journalismus sei nicht abhängig von der Anzahl Stellen. Man könne auch zu zweit gut arbeiten. Diesem peinlichen PR-Sprech widersprachen später die eigenen Angestellten: Sie sprachen vom steigenden Druck, von schlechter Führung, der grossen Selbstausbeutung in der Branche und von der Tendenz zum Burn Out.

Den Elefanten im Raum sprach niemand an: Der Journalismus hat keine inhaltliche Krise, er hat eine Finanzierungskrise. Die Medien lassen sich künftig nicht mehr finanzieren. Grund dafür ist die Digitalisierung: Die Ertragsmodelle in den Verlagen und die Medienförderung sind auf die alten Distributionskanäle ausgelegt, also auf Print, Radio und TV. In der digitalen Welt gelten ganz andere ökonomische Gesetze. Zum Beispiel machen die Verlage pro Nutzer nur noch etwa ein Zehntel des Umsatzes. Die fehlenden Erträge können sie in der Schweiz nicht durch Skalierung kompensieren, wie das etwa in den USA möglich ist. Neue Ideen für die Finanzierung unserer Medien tun deshalb Not.

In sechs Workshops sollten die Anwesenden solche neuen Ideen für die Finanzierung von Lokaljournalismus skizzieren und diskutieren. Die Präsentation dieser Ideen am Schluss geriet allerdings zu einer reichlich phantasielosen Angelegenheit: Nachdem sich der Staat schon zu Beginn der Tagung selbst aus dem Spiel genommen hatte, rief eine Gruppe nach der anderen nach Stiftungen, die den Lokaljournalismus finanzieren solle. Von innovativen Fördermodellen war nicht die Rede, von neuen Businessmodellen schon gar nicht.

Es bleibt ein zwiespältiges Gefühl zurück. Der erste Basler Medientag war ein Erfolg, weil er die Branche zusammengeführt hat. Statt über das bröckelnde ökonomische Fundament der Medien haben sich die Anwesenden aber über die Geranien an der Fassade unterhalten. Die Chefs haben zudem den Eindruck vermittelt, dass sie ganz gewiss nicht auf Förderung angewiesen seien. Das ist schade: So wird es der Branche nicht gelingen, die Politik davon zu überzeugen, dass sie genauso wichtig ist für die Schweiz wie die Landwirtschaft – und unter ganz ähnlichen Problemen leidet.

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