Die Schweizer Bevölkerung steht dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Nachrichtenproduktion kritisch gegenüber. Aktuell sei die Bereitschaft gering, KI-produzierte Nachrichten zu nutzen und für diese zu bezahlen. Das ist das Resultat der ersten repräsentativen Befragung des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich zur Akzeptanz von KI-produzierten Medienbeiträgen durch das Schweizer Publikum.
Viele Medienhäuser sehen im Einsatz von künstlicher Intelligenz eine Möglichkeit, die Effizienz entscheidend zu steigern. Pietro Supino, VR-Präsident der TX-Group, geht schon seit längerem davon aus, dass in wenigen Jahren zwischen einem Viertel und einem Drittel der Artikel im «Tages-Anzeiger» vom Computer geschrieben werden. Die Eloquenz von Chat-GPT und Google Bard und die verblüffenden Fähigkeiten von Bildgeneratoren wie Midjourney oder Adobe Firefly haben die Bestrebungen in diese Richtung verstärkt. Die Frage ist, was das Publikum davon hält.
Das Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich hat jetzt die Resultate der ersten repräsentativen Befragung zu diesem Thema vorgelegt. Die Antwort: Das Publikum hält nicht viel davon. Nur knapp ein Drittel (29 %) der Befragten würde Beiträge lesen, die vollständig von KI geschrieben wurden. Bei Texten, die von Medienschaffenden ohne den Einsatz von KI geschrieben wurden, sind es hingegen 84 Prozent. Die Akzeptanz variiert je nach Themenbereich: Bei Nachrichten zu Wetter, Sport und Börsenkursen, die um Zahlen und Daten kreisen, oder bei Softnews rund um Berühmtheiten könnten es sich die Befragten eher vorstellen, KI-generierte Beiträge zu lesen. Bei Nachrichten zu Politik, Wirtschaft, Wissenschaft oder Kultur hingegen ist die Akzeptanz computergenerierter Beiträgen dagegen deutlich tiefer.
Fast zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung (61 %) geht davon aus, dass sich die Qualität der Berichterstattung insgesamt verschlechtert, wenn KI vermehrt das Schreiben von Beiträgen übernimmt. Über 80 % der Befragten wünschen sich eine Deklaration der KI: Inhalte, die vollständig oder teilweise mit KI erstellt wurden, sollen deklariert werden. Bisher sind die Medienhäuser in der Schweiz damit allerdings zurückhaltend. Es fehlen branchenweite Standards. «Schweizer Medienhäuser sollten der Deklaration von KI einen höheren Stellenwert einräumen», sagt Mark Eisenegger, Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich und Direktor des fög. Nur mit einer Deklaration der KI könne sich der echte Journalismus «von der wachsenden Anzahl unseriöser Angebote abgrenzen, die auf generative KI setzen», sagt Eisenegger.
Die Medienhäuser haben allen Grund, die Studie ernst zu nehmen, denn der Einsatz von KI könnte ins Geld gehen: Nur rund 10 % der Befragten wären bereit, für Medienbeiträge zu bezahlen, die vollständig mit KI geschrieben wurden. Bei Beiträgen, die von Medienschaffenden ohne KI geschrieben wurden, sind es mehr als zwei Drittel. Laut Eisenegger erwartet das Publikum, dass KI-generierte Inhalte weniger gut sind und will deshalb nicht dafür bezahlen.
Dazu komme aber auch, dass «eine Mehrheit der Befragten den Einsatz von KI mit Kosten- und Zeitersparnissen für die Medienhäuser verbindet», schreibt das fög. Umgekehrt findet eine deutliche Mehrheit der Befragten, dass Medienunternehmen von KI-Anbietern entschädigt werden sollten, wenn deren Sprachmodelle journalistische Inhalte benutzen. «Das ist ein wichtiger Befund, auch im Hinblick auf die aktuelle medienpolitische Debatte zu Urheber- und Leistungsschutzrechten», erklärt Mark Eisenegger.
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