Schreibt seit vielen Jahren als eine der wenigen Frauen im Sportjournalismus über den FC Basel: «bz»-Sportredaktorin Céline Feller. (Bild: bz)

Mediennews

Boykott gegen Céline Feller von der «bzBasel» | 08.08.2024

FCB cancelt Sportjournalistin

Der FC Basel sorgt nicht nur auf dem Rasen für lange Gesichter, sondern auch in den Redaktionsstuben: Weil dem Fussballclub die Berichterstattung nicht in den Kram passte, hat er versucht, die Sportchefin der «bzBasel» zu canceln: Der Club teilte Céline Feller mit, sie dürfe mit den Chefs oder den Spielern des Fussballclubs keine Interviews mehr führen. Als «bz»-Chefredaktor Patrick Marcolli diese Massnahme publik machte, krebste der Club zurück. «Edito» hat mit Céline Feller gesprochen und den FCB um eine Stellungnahme gebeten.

Céline Feller schreibt seit vielen Jahren für die «bz» über den FC Basel – sie ist eine der wenigen Frauen im Sportjournalismus. Offensichtlich ist sie dabei dem Fussballclub zu sehr auf den Schlips getreten: Weil die Funktionäre des FCB mit der Berichterstattung von Céline Feller nicht einverstanden waren, sprachen sie ein Boykott aus. Der Sportjournalistin wurde der Zugang zu Einzelinterviews verwehrt. Publik gemacht hat das die «bz» in einem Artikel von Patrick Marcolli: «Ungeheuerlicher Vorgang», titelte der «bz»-Chefredaktor: «Der FC Basel boykottiert unsere Journalistin».  Die Massnahme sei ein Skandal.

«Der Kollegin wurde vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass sie bis auf Weiteres keine Interviews mit den Chefs oder den Spielern des Fussballclubs führen darf», schreibt Marcolli. Der Grund: Ihre Arbeit sei dem FCB «nicht mehr genehm». Das habe ihr die Medienabteilung in einem persönlichen Gespräch im Fussballstadion auf den Weg gegeben. «Wir haben uns entschlossen, diesen Vorgang öffentlich zu machen», schreibt Marcolli. Es habe solche Fälle auch schon in der Vergangenheit gegeben. Da habe die Zeitung Rücksicht auf die Sportredaktion genommen: «Deren Mitglieder haben tagtäglich mit diesem Club, den Spielern und dessen Führung zu tun und sind auf einigermassen gute Arbeitsbedingungen angewiesen.» Der Boykott von Céline Feller sei «die Bestrafung einer Ungefügigen».

Der FC Basel, der die Massnahme nach Veröffentlichung des Artikels wieder aufgehoben hat, schreibt zum Vorgang, die Kommunikations- und Medienabteilung des Vereins habe Céline Feller Ende Juli «in einem kollegialen Gespräch auf der FCB-Geschäftsstelle» erklärt, weshalb sie ihr «bis auf Weiteres den Service von 1:1-Interviews mit FCB-Exponent:innen nicht mehr bieten möchte». Alle anderen Möglichkeiten, über den FCB zu berichten, seien stets offen gewesen: «Spiele, Gespräche mit Exponent:innen nach den Partien, Medienkonferenzen, Kontakt zur FCB-Kommunikationsabteilung für diverse Alltagsauskünfte etc.» Von einem Boykott wie das Marcolli schreibt könne also «nicht die Rede sein».

Der FCB habe «nicht im Geringsten etwas gegen kritischen, sachlichen Journalismus – im Gegenteil», schreibt der Club weiter. Grund für die Massname seien «journalistische Verfehlungen und regelmässig unsachliche/unfaire Berichterstattung». Auch Aussprache zwischen der Zeitung und dem Club habe «die Situation nicht nachhaltig verbessern» können.

«Edito» hat bei den Beteiligten nachgefragt. Der FCB teilte dazu mit: «Wir möchten zu dieser Angelegenheit, die von unserer Seite her niemals hätte in der Öffentlichkeit ausgetragen werden, nicht mehr sagen als unbedingt nötig. Deshalb verweisen wir Sie gerne auf unsere Website, wo wir heute Nachmittag – als absolute Ausnahme in einem solchen Fall – eine Stellungnahme publiziert haben.»

Dafür hat Céline Feller unsere Fragen beantwortet:

Edito: Ist es korrekt, dass der FCB Dir mitgeteilt hat, dass Du keine Interviews mit den Chefs oder den Spielern des Fussballclubs führen darfst?

Céline Feller: Ja, das ist korrekt. Das wurde mir in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt.

Hat der FCB die Massnahme begründet?

Ja, meine Berichterstattung sei sehr kritisch gewesen, in gewissen Texten – zum Beispiel jenen zu Horizon 2026 – seien auch zwischen den Zeilen deutliche Kritik und Seitenhiebe zu lesen gewesen sein. Ausserdem hätte ich alle Beteiligten im Text «Der Fall Michael Lang» als Lügner dargestellt. Dieser Text zu Lang sei es auch gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe.

Und was denkst Du? Was ist der Grund?

Dass ihnen meine kritische, korrekte und investigative Arbeit nicht behagt.

⁠Offenbar wurde die Massnahme wieder aufgehoben – was bedeutet das für Dich? Kannst Du künftig unbefangen über den Club schreiben?

Das bedeutet in erster Linie, dass ich wieder Interviews führen kann, worüber ich sehr froh bin. Und: Unbefangen war ich immer und werde ich immer sein.

Und der FCB? Der steht nach dem schlechtesten Saisonstart seit Beginn der Super League und viel Krach neben dem Platz um suspendierte Spieler, dem unrühmlichen Abgang von Club-Legende Michael Lang und der plötzlichen Trennung von Club-CEO Chris Kauffmann an achter Stelle in der Rangliste. Also weit unter den Erwartungen.


Quellen:
Patrick Marcolli: «Der FC Basel boykottiert unsere Journalistin». «bzBasel», 8. August 2024;
FC Basel: «Stellungnahme des FCB»

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1 Kommentar

#1

Von Steffi Luethi
09.08.2024
In China, Russland, Iran, Ungarn etc. erwarte ich nichts anderes. Aber in der Schweiz?

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