Vor dem Studio Basel der SRG haben am Samstag Hunderte von Menschen aus Publikum und Wissenschaft gegen die Abschaltung des Wissenschaftsmagazins von Radio SRF und für einen medialen Service public protestiert. Im Namen der Geschäftsleitung von SRF nahm Rajan Autze über 27’000 Unterschriften entgegen. Redner aus Politik und Wissenschaft forderten SRF auf, sich das Programm nicht von Quoten diktieren zu lassen. «Nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann gewährleisten, dass Inhalte zählen, nicht nur Klicks», erklärte Torsten Schwede, Präsident des Forschungsrats des Schweizerischen Nationalfonds.
«Hörerinnen und Hörer wollen das ‹Wissenschaftsmagazin›» heisst eine Online-Petition, die Monique Wittwer und Köbi Gantenbein lanciert haben. Die Petition fordert SRF auf, das Wissenschaftsmagazin nicht abzuschalten und die Redaktion zu erhalten. Innert zehn Tagen kamen über 27’000 Unterschriften für das Anliegen zusammen. Am Samstag übergaben die Initianten zusammen mit Hunderten Protestierenden aus Wissenschaft und Publikum die Unterschriften der Geschäftsleitung von SRF. «Wir wollen ein Radio mit Langfutter», erklärte Köbi Gantenbein. «Rund um die Uhr verhackte Kurznews gibt es genug.» Es sei ihm bewusst, dass «wir den Sack pieksen, dabei geht es um den Esel»: Das Problem sei die «Gebührensenkung ohne Not durch von Bundesrat Rösti». Das Problem sei das Scheibchenweise vorgehen von SRF: «Wir haben keine Ahnung, was Sie mit unserem Radio anstellen wollen. Wenn wir fragen, erhalten wir nur Spartabellen. Nutzen Sie unsere Zuneigung. Machen Sie sich ihre Freunde nicht abspenstig», rief Gantenbein an die Adresse der SRF-Führung. «Wie sollen wir die Halbierungsinitiative bodigen, wenn uns unser Radio schon verlassen hat?»
Interims-Kultur-Chef Rajan Autze nahm diesen Ball aber nicht auf. Einigermassen umständlich versuchte er, den Entscheid zu rechtfertigen. Er argumentierte mit dem Sparzwang und damit, dass Radio SRF2 Hörer verliere: «Wir müssen doch auf unsere Einschaltquoten reagieren.» Radio SRF2 Kultur sei der Kultursender, deshalb sei das Wissenschaftsmagazin da fehl am Platz. «Auf SRF1 hören mehr Menschen Wissensthemen.» Im «Echo der Zeit» seien die Beiträge zwar kürzer, dafür hören mehr Menschen zu.
Es braucht Fachleute und es braucht Zeit
Seine Argumente kamen bei den anwesenden Wissenschaftlern nicht gut an. Infektiologe Jan Fehr erklärt etwa, es brauche Zeit und Fachleute, um die komplexen Inhalte der Wissenschaft zu vermitteln. «Wir brauchen geballtes Weissen, nicht fragmentierte Häppchen in verschiedenen Sendungen.» Bioinformatiker und Nationalfonds-Präsident Thorsten Schwede pflichtete ihm bei. Der Nationalfons gebe etwa eine Milliarde Franken pro Jahr für Forschung aus. Es sei in einer Demokratie wichtig, dass Journalisten Wissenschaft und Forschung nicht nur verständlich machen, sondern auch kritisch hinterfragen. «Dazu brauch es Fachleute und es braucht Zeit.»
Nationalrätin Katja Christ (GLP, BS) betonte, als Liberale wolle sie dem Unternehmen SRF nichts vorschreiben. «Aber wir müssen über die Prioritäten im Service public sprechen.» Private Anbieter könnten den Wissenschaftsjournalismus, den SRF biete, nicht leisten, weil das am Markt nicht rebfinanzierbar sei. «Lassen Sie uns gemeinsam für eine Schweiz eintreten, in der Wissenschaft nicht nur im Labor stattfindet.»
Mundartdichter Guy Krneta schliesslich schlug die Brücke zur Kultur und brach eine Lanze für das Radio als öffentliches Medium: «Radio braucht als Service public keine Einschaltquoten, sondern demokratische Relevanz», meinte er. «Macht uns ‹Radioloser› nicht zu Radioloosern.»
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