Der Publizist Karl Lüönd (geb. 1945) war Reporter, Chefredaktor, zeitweilig Verleger und ist ein Doyen der Schweizer Medienbeobachtung. In der NZZ spricht er Klartext über die Pläne von Tamedia. Aus journalistischer Sicht sei der Entscheid von Tamedia «völlig rücksichtslos», sagt Lüönd der NZZ. «Es ist eine grosse Gefahr für die Qualität der Berichterstattung, wenn der Einheitsbrei noch grösser wird.»
Das gelte ganz besonders für Winterthur. Die Stadt hat sich immer gegen die Stadt Zürich positioniert. «Diese Rivalität hält bis heute an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Winterthurer Freude haben, wenn ihre Zeitung nun von Zürich aus abgefüllt wird.»
Lüönd sagt, aus ökonomischer Sicht seien die Kürzungen bei den Regionalzeitungen zwar absehbar gewesen, weil die Erlöse aus den Anzeigeverkäufen in den letzten Jahren eingebrochen seien. Er weist aber darauf hin, dass Tamedia die rentabelsten Teile des Zeitungsgeschäfts, also die Stellenanzeigen und die Wohnungsinserate, längst in Onlineportale ausgegliedert habe und sich weigere, damit den Journalismus zu finanzieren.
Er sagt deshalb: «Die Filetstücke sind längst weg. Der Rest kommt jetzt vor die Hunde.» Die gedruckte Presse habe ähnliche Probleme, «wie sie die Uhren- oder die Textilindustrie gehabt haben.» Lüönd sagt deshalb der«NZZ», damit sich Journalismus wirklich wieder rentiere, müssten sich die Leserinnen und Leser erst wieder daran gewöhnen, dass verlässliche Informationen Geld kosteten und dieses auch wert seien. Die NZZ hat sich das schon lange zu Herzen genommen: Hier kostet das Jahresabo NZZ Print & Digital mittlerweile über 900 Franken …
NZZ – Oliver Camenzind, Isabel Heusser Sorge um die regionale Berichterstattung
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