Vielfalt und Unabhängigkeit in den Medien sind das Herzstück unserer Demokratie. Stephanie Vonarburg, Leiterin Sektor Medien bei der Gewerkschaft syndicom, erklärt im Interview, warum Medien in Zeiten der Polarisierung wichtig bleiben.
Interview: Catalina Gajardo
Stephanie Vonarburg, braucht es trotz Social Media im Jahr 2025 noch klassische Medien?
Stephanie Vonarburg: Es stimmt, ich kann mich auf Social Media über aktuelle Ereignisse informieren. Was Social Media nicht liefert, sind der Kontext und die grösseren Zusammenhänge dieser Ereignisse. Die Grenzen zwischen Fakten und Meinungen sind im besten Fall verschwommen. Die aufmerksamkeitsgesteuerten Algorithmen verhindern eine tiefere Auseinandersetzung mit der Welt. Und eine der wichtigsten Funktionen der Medien fehlt komplett: die Schaffung einer gemeinsamen Wissensbasis. Mein Feed sieht vermutlich komplett anders aus als deiner. Wie können wir über die aktuellen Herausforderungen diskutieren, wenn wir nicht einmal dieselben Inhalte sehen?
Wie wichtig sind Medien in der aktuellen politischen Weltlage?
Wir erleben politisch einen rechten Backlash. In vielen umliegenden Ländern werden Freiheiten und Grundrechte, die wir in den letzten Jahren als selbstverständlich angesehen haben, infrage gestellt. Auch in der Schweiz liebäugeln gewisse Politiker:innen mit den ultrarechten Parteien und Regierungen anderer Länder. So macht Altbundesrat Ueli Maurer keinen Hehl aus seiner Begeisterung für die AfD. Das zeigt: Es braucht Medienschaffende, welche die Problematik hinter solchen Aussagen aufdecken und einordnen. Es braucht aber auch die Förderung des Presserats, um die medienethischen Standards einzuhalten. Wir brauchen eine fundierte Aus- und Weiterbildung, um den Nachwuchs auf die vielfältigen Herausforderungen vorzubereiten. Und Förderprogramme wie der JournaFonds sind gerade jetzt enorm wichtig, um Rechercheprojekte zu unterstützen.
Warum setzt sich syndicom so stark für die Medienförderung ein?
Die Leistungen der Medien sind wie Sauerstoff für die Gesellschaft und die Demokratie – ohne geht es nicht. Daher gehören die Medien zum Servicepublic. Die öffentliche Medienförderung soll auch kleinen Medien, ob öffentlich oder privat, ob print, audio, audiovisuell oder online, gleich lange Spiesse ermöglichen, wenn sie unabhängigen Journalismus nach klaren Qualitätskriterien erbringen und faire, kollektiv abgesicherte Arbeitsbedingungen gewährleisten. Da diese essenziellen Leistungen gefährdet und schwer kommerzialisierbar sind, geraten wir ohne die Medienförderung demokratiepolitisch in eine Schieflage. Eine neu aufgegleiste, ausgebaute Medienförderung ist wichtig, um eine diverse Medienlandschaft zu gewährleisten. In vielen Regionen der Schweiz ist durch Fusionen und Übernahmen eine faktische Monopolsituation entstanden. In den letzten Jahren haben die grossen Medienunternehmen ihre Redaktionen vor Ort heruntergespart und zentralisiert. Darum braucht es eine verstärkte, gattungsunabhängige Medienförderung.
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