Swissinfo-Direktorin Larissa Bieler über den Entscheid des Bundesrats, den Auslandsauftrag der SRG zu streichen.
Der Bundesrat will im Rahmen seines Sparpakets die Gelder für das Auslandangebot der SRG streichen. Welche Folgen hat das?
Das ist jetzt noch schwierig zu beurteilen, weil das Sparpaket im Januar 2025 in die Vernehmlassung geht und dann erst ins Parlament kommt. Der Entscheid wird aber seit der Publikation des Gaillard-Berichts schon stark kritisiert. Das Auslandmandat der SRG wird heute je zur Hälfte vom Bund und von der SRG finanziert. Ein Abbau hätte einschneidende Konsequenzen für die Schweiz und ihren offenen Informationsraum. Die Schweiz ist eines der globalisiertesten Länder der Welt. Mit dem Auslandangebot der SRG überlassen wir die Deutungsmacht über Entscheide und Ereignisse in der Schweiz nicht Dritten und wir können so der Desinformation entgegenhalten. Die Schweiz ist schon lange stark von Desinformation aus Russland und China betroffen. Der Auslandsauftrag ist ein Mittel gegen Desinformation. Eine Schweizer Sicherheitspolitik sollte vital daran interessiert sein. Der Entscheid, den Auslandsauftrag zu streichen, ist deshalb nicht nachvollziehbar und wäre kurzsichtig.
Was wären die konkreten Folgen für Swissinfo?
Wo und wie die Gelder nach einer Kürzung des Bundesbeitrages eingesetzt werden, liegt auch in der Hand der SRG. Sicher ist: Das Auslandmandat, zu dem wie Swissinfo.ch auch tvsvizzera.it, TV5Monde und 3Sat gehören, liesse sich in der heutigen Form von der SRG nicht weiterbetreiben. Der Entscheid hätte nicht nur Konsequenzen für das Angebot, er hätte auch einen Personalabbau zur Folge. Es wäre unter dem Strich zusätzlich zur aktuellen Schwächung der privaten, kommerziell orientierten Medien eine weitere Schwächung des Medienplatzes Schweiz. Und das in den Kernthemen der Schweiz, wie sie für die internationale Schweiz wichtig sind, etwa die Aussendarstellung der Schweiz, die Demokratie oder das internationale Genf. Private haben diese Themen weniger im Blick. SWI swissinfo.ch wird wöchentlich als Referenzmedium weltweit bis zu 80 mal zitiert und referenziert – und das in 46 Sprachen. Gelesen werden wir in allen 195 UNO-anerkannten Ländern.
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Der Bundesrat argumentiert, das Internet sei global, man könne ja von überall her auf Schweizer Medien zugreifen.
Das ist genau der springende Punkt. Er vergisst dabei, dass wir in zehn verschiedenen Sprachen publizieren. Wenn jemand auf Englisch oder Russisch im Ausland etwas über die Schweiz sucht, findet diese Person heute zuerst Inhalte von Swissinfo. Ohne unsere Präsenz finden die Menschen in den USA, in China, in Russland in ihren Sprachen keine aktuellen Ergebnisse mehr. Mit dem Auslandmandat können wir sicherstellen, dass Informationen über die Schweiz in zehn Sprachen verfügbar sind und die Schweiz so die Informations- und Deutungsmacht in den eigenen Händen behalten kann. Dazu kommt: Zielgruppen in Russland oder China erreichen wir über ganz spezielle Kanäle und Techniken wie WeChat. Für sie ist das Angebot essenziell, da sie Zensur oder einer stark eingeschränkten Medienfreiheit ausgesetzt sind. Zum Auslandsangebot von swissinfo.ch gibt es keine Alternative in den privaten kommerziellen Medien. Nachrichten aus der Schweiz haben, weil wir als neutrales Land wahrgenommen werden, eine hohe Glaubwürdigkeit. Die Nachfrage nach unseren glaubwürdigen Nachrichten wird aufgrund der angespannten Weltlage immer grösser. Das ist für die Schweiz eine Chance. Während Covid haben wir im stärksten Monat bis zu 12 Millionen Zugriffe verzeichnet. Da entspricht die Schweiz also auch einem Bedürfnis des Publikums im Ausland.
Larissa Bieler ist Direktorin von SWI swissinfo.ch, Mitglied der Geschäftsleitung der SRG SSR und Mitglied der eidg. Medienkommission EMEK.