Tamedia schliesst die Druckereien in Lausanne und Zürich und streicht an den beiden Standorten 200 Vollzeitstellen.

Mediennews

Konzentration auf Druckstandort Bern und vier digitale Zeitungstitel | 27.08.2024

Tamedia streicht 290 Stellen und schliesst zwei Druckereien

Tamedia konzentriert den Zeitungsdruck in Bern und die digitalen Medien auf vier Marken. Bereits im März 2025 will der Konzern das Centre d’Impression de Lausanne in Bussigny (VD) schliessen, das Ende des Druckzentrums Zürich folgt Ende 2026. Die Schliessungen der Druckereien haben einen  Stellenabbau von rund 200 Vollzeitstellen zur Folge. Im digitalen Markt will sich Tamedia künftig auf die vier Zeitungstitel «Tages-Anzeiger», «BZ Berner Zeitung», «Basler Zeitung» und «24 heures» konzentrieren. Damit wolle der Konzern «die Zukunft des Tamedia-Qualitätsjournalismus» sichern. Auf den Redaktionen will Tamedia weitere 90 Stellen abbauen.

Tamedia zieht dem Zeitungsdruck nicht ganz den Stecker: Der Konzern will auch künftig Zeitungen auf Papier verkaufen. In den letzten Jahren seien aber Überkapazitäten entstanden, die es nicht mehr ermöglichen, drei Druckereibetriebe wirtschaftlich zu betreiben, teilt der Konzern mit. Deshalb soll das Centre d’Impression de Lausanne in Bussigny (VD) Ende März 2025 geschlossen werden, das Druckzentrum Zürich Ende 2026. Das Druckzentrum in Bern soll dagegen ausgebaut werden. Tamedia will auf diese Weise für die eigenen Titel sowie für externe Kunden «langfristige Produktionssicherheit bieten», wie der Konzern mitteilt. Künftig werde «das vielseitige Print-Portfolio» zentral in Bern produziert. Im Print sollen alle Tamedia-Marken «als starke Printprodukte» weitergeführt werden.

Anders online: Da will sich der Konzern auf auf die vier stärksten Marken «Tages-Anzeiger», «BZ Berner Zeitung», «Basler Zeitung» und «24 heures» konzentrieren. Daneben sollen nur die Traditionstitel «Bund» und «Tribune de Genève» vorerst einen eigenen digitalen Auftritt behalten. «Tamedia-Titel mit weniger Reichweite werden digital mit unterschiedlichen Konzepten in die vier grossen Plattformen integriert», schreibt der Konzern. Damit dürften die Tage von Titeln wie «Der Landbote» in Winterthur oder dem «Thuner Tagblatt» gezählt sein. Die #12 App sowie der «Verkehrsmonitor» werden eingestellt. Tamedia will es nach eigenen Angaben auf diese Weise schaffen, «breite journalistische Angebote mit hochwertigen Beiträgen aus In- und Ausland, regionalen Nachrichten sowie nützlichem Service für alle Leserinnen und Leser» anzubieten.

Die Werbevermarktung holt Tamedia wieder ins eigene Haus: Die entsprechenden Teams von Goldbach sollen ins Unternehmen integriert werden und künftig unter dem Namen Tamedia Advertising arbeiten. Mit «mehr Nähe zu den Marken» will Tamedia ein Wachstum bei den Werbeeinnahmen generieren.

Konzern streicht 290 Stellen

Der Plan sei «leider mit Personalmassnahmen verbunden», schreibt Tamedia in ihrer Mitteilung. Konkret streicht der Konzern 290 Stellen: In den Druckereien kommt es zu einem Stellenabbau von rund 200 Vollzeitstellen, im Bereich der Redaktionen streicht der Konzern rund 90 Stellen. Dies unter dem Vorbehalt der Ergebnisse der Konsultationsverfahren. Es kommen Sozialpläne inklusive Möglichkeit von Frühpensionierungen zur Anwendung.

Die neue Strategie hat das Medienunternehmen unter der Führung von CEO Jessica Peppel-Schulz entwickelt. Tamedia wolle auf diese Weise «auf den rapiden Wandel in der Mediennutzung, aber auch auf die von Technologieunternehmen getriebenen Veränderungen im Werbemarkt» reagieren. Die Weichenstellungen seien «notwendig, um Leistungsfähigkeit und Qualität des Journalismus aufrechtzuerhalten». Für die Umsetzung der Strategie hat Tamedia das Management neu aufgestellt. Neben der CEO Jessica Peppel-Schulz besteht das Team künftig aus Simon Bärtschi als Publizistischer Leiter, Marc Isler (Chief Revenue Officer), der neu die Bereiche Consumer Business und Advertising verantwortet sowie Patrick Rexroth (Chief Digital Officer) und Franz Bürgi (Chief Information Officer).

syndicom kritisiert Massenentlassung scharf

Die Gewerkschaft syndicom fordert von Tamedia, die Unternehmensstrategie zu korrigieren, die Druckereien weiterzuführen, möglichst viele Stellen zu erhalten und den Sozialplan zu verbessern. In den letzten 15 Jahren habe die TX Group 2,2 Milliarden Franken Gewinn geschrieben. Die Aktionäre

hätten dabei mehr als 670 Millionen Franken an Dividenden abgeschöpft. «Zeitgleich hat Tamedia Hunderte von Mitarbeitenden entlassen. Die TX Group ist weiterhin hochrentabel, diese Abbaupolitik ohne Rücksicht auf die Mitarbeitenden muss ein Ende haben», kritisiert Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin und Leiterin Sektor Medien bei der Gewerkschaft syndicom.

Der Konzern ziehe sich ohne wirtschaftliche Dringlichkeit aus dem Druckgeschäft zurück, um ihre Liegenschaften in Lausanne und Zürich teuer auf dem Immobilienmarkt zu verkaufen, wirft Michael Moser Tamedia vor. Das sei inakzeptabel. Der Zentralsekretär Sektor Medien bei der Gewerkschaft syndicom fordert deshalb, dass «Tamedia ihre soziale Verantwortung wahrnimmt.» Zusammen mit den Personalkommissionen werde sich syndicom für den Erhalt der Stellen, die Verbesserung des Sozialplans und der Arbeitsbedingungen einsetzen.

Impressum fordert mehrjähriges Entlassungsmoratorium

Gleichzeitig mit den Restrukturierungsplänen von Tamedia hat TX Group ihren Halbjahresbericht veröffentlicht. Der Konzer hat einen Betriebsertrag von 461 Millionen Franken (Vorjahr: 460.5 Mio. Franken) erwirtschaftet und damit einen Gewinn vor Steuern (EBITDA) von 56.5 Millionen Franken (Vorjahr 54.3 Mio. CHF) erwirtschaftet. Die Gewinnmarge betrugt 12,3 Prozent (Vorjahr 11.8 Prozent). Vor diesem Hintergrund bezeichnet der Journalistenverband Impressum den Abbau bei Tamedia als besonders stossend und die «Eile dieser Massnahmen umso unverständlicher». impressum fordert, dass «die Gewinne nicht mehr ausgeschüttet werden, solange Restrukturierungen durchgeführt werden oder drohen.»

Der Verband schreibt, dass «nach den 80 Entlassungen in 2023 trotzdem schon wieder 90 Vollzeitstellen abgebaut» werden sollen, zeuge von einer «selbstzerstörerischen Unternehmensstrategie». «Auch wenn die Produkte von Tamedia das für diese Branche überaus ehrgeizige Unternehmensziel von mindestens 8 – 10 Prozent Rendite zur Zeit nicht erreichen, bleibt doch festzuhalten, dass die Titel insgesamt rentabel sind und 2 Prozent Rendite einbringen.» Die rasche Abfolge einschneidender Abbaumassnahmen zeuge zudem von «fehlender sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung»:  «Statt zulasten der Informationsvielfalt und des Personals Stellen abzubauen, muss Tamedia die Gewinne in Reserven und in den Journalismus investieren, um künftige Marktschwankungen ohne Entlassungen auffangen zu können», fordert Urs Thalmann, Geschäftsführer von impressum. Für die nächsten Jahre nach der Restrukturierung fordert der Verband ein verbindliches, mehrjähriges Entlassungsmoratorium. Nur so sei es möglich, nach dem katastrophalen Stellenabbau ein produktives Arbeitsklima wiederherzustellen. (mz)

Quellen:

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