KI-Systme sind in der Lage, Bilder und Videos aus dem Nichts zu generieren. Was für eine Werbekampagne des Modelabels Mango (Bild) eine Chance ist, wird für Medienunternehmen zur grossen Herausforderung. (Bild: Mango.com)

Mediennews

WDR setzt auf Zertifizierung der Inhalte | 01.08.2024

Mit Gütesiegel gegen Fälschungen

Experten gehen davon aus, dass bereits 2025 mehr Inhalte im Internet durch KI erstellt sein werden als von Menschen. Dabei geht es nicht mehr nur um Texte, sondern auch um Bilder, Töne und Videos. Für Medienhäuser ist das eine grosse Herausforderung: Wie können sie belegen, dass ihre Inhalte echt sind? Als erstes öffentlich-rechtliches Medienhaus im deutschsprachigen Raum setzt der Westdeutsche Rundfunk WDR auf fälschungssichere Gütesiegel: Nutzerinnen und Nutzer können auf Wunsch jederzeit den «Beipackzettel» einer Aufnahme und damit die ganze Herstellungskette einsehen.

KI-Systme sind mittlerweile in der Lage, nicht mehr nur Texte zu erfinden, sondern auch Bilder und Videos aus dem Nichts zu generieren. So hat die Modekette Mango gerade eine Werbekampagne mit Bildern kreiert, auf denen nur die Kleider echt sind. Fotomodell und Hintergrund stammen sind KI-generiert. Auf den Bildern ist das nicht zu erkennen: Sie sehen aus wie ganz normale Modefotografien.

Für Nutzerinnen und Nutzern von Medien bedeutet das: Sie können sich nicht mehr auf ihre Augen verlassen. Es ist Bildern und Videos vor allem in den Sozialen Medien nicht mehr anzusehen, ob sie echt sind oder vom Computer generierte Fälschungen. Als erstes öffentlich-rechtliches Medienhaus im deutschsprachigen Raum setzt der WDR deshalb auf die Zertifizierung seiner Inhalte. So, wie Bioprodukte im Supermarkt, sollen die Inhalte des WDR künftig elektronisch als echt beglaubigt werden.

Der WDR ist deshalb zwei Initiativen zur Kennzeichnung vertrauenswürdiger Inhalte beigetreten: der «Content Authenticity Initiative» (CAI), die sich für Transparenz und Echtheit von Medineinhalten einsetzt, und der «Coalition for Content Provenance and Authenticity» (C2PA), die entsprechende technische Standards entwickelt.  Ausserdem hat der WDR die Ausstellung eines Zertifikats beim «Media Provenance Commitee» der IPTC (International Press Telecommunications Council) beantragt. Das Zertifikat weist den WDR und seine Inhalte dann als verifiziert und authentisch aus.

Künftig sollen die Videos, Fotos und Tonaufnahmen des WDR digitalen «Beipackzettel» erhalten, der genaue Angaben zur Aufnahme und zu jedem Bearbeitungsschritt macht. Der C2PA-Standard stellt sicher, dass die Aufnahme selbst und diese Metadaten fälschungssicher miteinander verbunden werden. So, wie eine Gurke im Supermarkt mit einem «Bio»-Kleber gekennzeichnet wird, erhalten die zertifizierten Inhalte ein Siegel in Form eines kleinen «i» im Sternkreis in der Bildecke. Mit einem Klick auf das Siegel lassen sich die «Content Credentials», also die Daten zur Aufnahme und Bearbeitung, direkt abrufen.

Der WDR schreibt, dass er mit dem Beitritt zu CAI und C2PA «den Standard erproben und Erfahrung sammeln» könne: «Vergleichbar mit einem Siegel bei Lebensmitteln, etwa einem Bio-Siegel, muss das Echtheitssiegel in der gesamten Kette vom Aufnahmegerät über den Schnitt bis zum Endgerät und schliesslich bis zum Archiv eingeführt werden. Wie das im aktuellen Geschäft und bei Produkten mit vielen Quellformaten funktionieren kann, soll bereits 2024 erprobt werden.» Deshalb beginnt die Zertifizierung der Inhalte nicht erst am Schnittplatz, sondern schon auf der Kamera und dem Aufnahmegerät. Weil nahezu alle Hersteller von Geräten und Programmen Mitglied der Allianz sind, ist das technisch machbar. Der WDR hofft, dass er durch sein Engagement nicht nur Erfahrungen sammeln, sondern die Entwicklung der Standards selbst mitgestalten kann. Neben Tech-Firmen wie Adobe und Microsoft, Nikon und Sony sind auch andere Medienunternehmen Teil der Allianz, darunter die «New York Times», die BBC und die Deutsche Presseagentur. Seit kurzem macht auch Open AI mit, die Mutterfirma von ChatGPT.

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