Branche  Medienpolitik

07.03.2025

«Wir brauchen eine Debatte über den medialen Service public»

Medienwissenschaftler Manuel Puppis warnt vor der Fixierung der Politik auf das Geld: «Das Problem ist, dass wir eine reine Abbaudebatte führen und uns nicht überlegen, welchen Service public wir als Gesellschaft im digitalen Zeitalter brauchen», sagt er im Gespräch mit «Edito». Er erinnert zudem daran, dass es nicht die SRG ist, die sparen will: «Der Sparbefehl kommt vom Bundesrat und von rechtsbürgerlichen Parteien.» Es sei in der Medienpolitik in den letzten Jahren immer nur um Geld. «Aber das ist keine Grundlage für einen schlauen Entscheid.» 

Die KVF-S hat einen Gegenvorschlag zur Halbierungsinitiative deutlich verworfen. Ist ein Gegenvorschlag damit vom Tisch?

Ich weiss nicht, ob man das schon sagen kann. Vielleicht startet der Nationalrat ja einen weiteren Versuch. Die Frage ist, was in einem Gegenvorschlag stehen könnte. Der Bundesrat hat die Haushaltsabgabe ja schon gekürzt und noch mehr Unternehmen von der Abgabe ausgenommen. Weitergehende Schritte wären im Ständerat wohl nicht mehrheitsfähig.

Was bedeutet das für die Auseinandersetzung mit der Initiative?

Es bedeutet sicher einmal, dass die Sparvorgabe des Bundesrats Fakt ist. Die SRG muss die Senkung der Abgabe umsetzen. Darauf wird das Parlament kaum zurückkommen. Es stellt sich aber die Frage, wie die Debatte weitergeht. Das Problem ist, dass wir eine reine Abbaudebatte führen und uns nicht überlegen, welchen Service public wir als Gesellschaft im digitalen Zeitalter brauchen. Es wäre eine Debatte über den medialen Service public nötig, bevor wir über die Finanzierung reden. Stattdessen reden wir nur über Kürzungen.

Zur Abgabensenkung kommen ja noch das Sparpaket Gaillard und die Teuerung, die nicht mehr ausgeglichen wird. Wir reden immer nur über Geld, aber nie über Auftrag und Erwartungen. Dabei wird auch immer wieder vergessen, dass die Schweiz ein kleines und mehrsprachiges Land ist. 

Schaden sich SRF und SRG mit ihrem Sparkurs auf Kosten des Wissenschaftsjournalismus gerade selbst?

Es fällt mir schwer, diese Sparmassnahme jetzt schon einzuordnen. Im Moment geht es ja «nur» um 8 Millionen Franken, im Endeffekt muss die SRG aber 270 Millionen Franken einsparen. Die Frage ist doch, wohin der Weg insgesamt geht. Es ist klar, dass die SRG sich einer völlig anderen Nutzung anpassen und sich überlegen muss, welche Inhalte auch künftig funktionieren. Gleichzeitig darf ein Service public-Medium nicht bloss die Quoten maximieren.

Aber die SRG hat keine Alternative zu den Kürzungen. Die Frage ist, wie die langfristige Strategie aussieht. Dass Kürzungen die Betroffenen immer auch vor den Kopf stossen, das ist kaum zu vermeiden. Die Proteste sind ja auch ein Zeichen dafür, dass Bindungen zu den Angeboten und den Themen vorhanden sind. Wichtig scheint mir dabei, dass wir jetzt nicht alle nur auf die SRG losgehen. Der Sparbefehl kommt vom Bundesrat und von rechtsbürgerlichen Parteien und ist die Folge davon, dass die Politik sich die Zeit nicht genommen hat, die gesellschaftliche Debatte über den Service public zu führen. Es ging in der Medienpolitik in den letzten Jahren immer nur um Geld. Aber das ist keine Grundlage für einen schlauen Entscheid.

Manuel Puppis ist Professor am Departement für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung DCM der Universität Freiburg.

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